Geschichte des Tees
Legenden vom Tee
Alles beginnt in China, im Jahr 2737 vor unserer Zeitrechnung. Der Legende zufolge kocht der chinesische Kaiser Shen Nung gerade unter einem Baum Wasser ab, um seinen Durst löschen, als ein leichter Wind Blätter von den Ästen des Baums ins Wasser weht, das sich verfärbt und aromatisch zu duften beginnt. Der Kaiser probiert das Getränk, findet es köstlich und trinkt noch mehr davon. Der Baum ist ein wilder Teebaum, und so ist der Tee entdeckt.
In Indien will eine andere Legende, dass sich der Prinz Bodhi-Dharma, dritter Sohn des Königs Kosjuwo, dem in seinem Land eine Erleuchtung zuteil wurde, entscheidet, nach China zu reisen, um dort die Lehren des Buddhismus zu verbreiten. Um sich seiner Mission würdig zu erweisen, legt er das Gelübde ab, während der neun Jahre, die seine Reise dauern soll, nicht zu schlafen. Am Ende des dritten Jahres überfällt ihn aber eine leichte Müdigkeit, und er wäre wohl vom Schlaf überwältigt worden, wenn er nicht zufällig von einem wilden Teestrauch ein par Teeblätter gepflückt und sie ganz in Gedanken in den Mund gesteckt und gekaut hätte: Dharmas Müdigkeit ist verflogen, und aus den Teeblättern schöpft er die Kraft, auch die verbleibenden sechs Jahre seiner Mission wach zu bleiben.
Nach japanischem Verständnis soll sich diese Geschichte etwas anders zutragen haben: Erschöpft schläft Bodhi-Dharma nach drei Jahren bei seinen Andachtsübungen ein. Als er aufwacht, schneidet er sich aus Wut und Scham über seine Schwäche die Augenlider ab und schleudert sie zu Boden. Als er einige Jahre später erneut am selben Ort vorbeikommt, bemerkt er, dass dort ein Strauch gewachsen ist, den er noch nie gesehen hat. Er kostet die Blätter und stellt fest, dass sie die Eigenschaft haben, wach zu halten. Das erzählt er weiter, und an den Orten, die er besucht hat, beginnt man, Tee anzubauen.
Wie die Legende nun auch lauten mag, es scheint, dass das Ursprungsland des Tees China ist; wahrscheinlich das Grenzgebiet zwischen Birma, Nord-Vietnam und Yunnan, und dass die ersten Teetrinker Chinesen waren.
Traditionen
Unter der Tang-Dyastie (618-907) findet der Tee über die Nutzung als Heilmittel hinaus weite Verbreitung und seine Zubereitung entwickelt sich zu einer raffinierten Zeremonie.
Die ersten Teehäuser entstehen und zum ersten Mal ist der Tee auch eine Quelle der künstlerischen Inspiration: Maler, Handwerker und Dichter schufen ihm ein eigenes Kunsthandwerk voller Symbolik. Der Dichter Lu Yu verfaßt das erste Teebuch der Welt, das „Cha Jing“, in dem er die Teepflanze, die Zubereitung des Getränks und die Art, auf die es getrunken werden sollte, beschreibt. In der Teezeremonie findet man, so schreibt er, „die gleiche Ordnung und die gleiche Harmonie, die allen Dingen zu Grunde liegen“.
Den Tee gab es zu dieser Zeit in Form von gepressten Teeziegeln, die gebacken und dann zerstoßen wurden.
Unter der Sung-Dynastie (960-1279) entsteht dann eine andere Schule, die durch die Poesie ihrer Zeremonie und die Bedeutung, die der Beachtung der Zubereitungsregeln zugemessen wird, schon die japanische Teezeremonie Cha No Yu ankündigt. Die dabei verwendeten Tees werden immer feiner und die Zubereitungsgefäße erhalten einen besonderen Stellenwert in der Welt des Tees. Außerhalb der höfischen Kreise, denen diese Zeremonie vorbehalten ist, verbreitet sich der Teekonsum auch in anderen gesellschaftlichen Schichten. Die ersten losen Tees werden produziert: ihre Herstellung in großen Mengen ist einfach und kann so eine immer weiter wachsende Nachfrage abdecken.
Während der Ming-Herrschaft (1368-1644) wird die Herstellung von gepresstem Tee per kaiserlichem Dekret verboten und so beginnt man den Tee auf die noch heute übliche Art und Weise zuzubereiten: durch Aufbrühen in einem Gefäß. Diese neue Art Tee zu trinken, hat auch einen Einfluss auf die Utensilien, die für die Zubereitung verwendet werden: es ist der Anfang der Teeservice aus Ton und Porzellan und so wird auch die Teekanne das ideale Zubereitungsutensil. Der Tee findet ein immer breiteres Publikum und findet durch den Export weitere Absatzmärkte.
In Japan taucht der Tee im 7. Jahrhundert auf. Buddhistische Mönche bringen mehrere Male Teesamen aus China nach Japan. Doch die eigentliche Verbreitung findet erst im 15. Jahrhundert statt. Sen No Rikyû (1522-1591) ist der erste große Teemeister: bei ihm wird der Tee zu einer Religion, zur Kunst und zur Philosopie. Das drückt sich in einer sehr komplexen und bis ins kleinste Detail kodifizierten Teezeremonie aus, deren Ideal es ist, die Größe der noch so kleinsten alltäglichen Handlungen zu enthüllen.
Europa entdecket den Tee
Schon ab dem 10. Jahrhundert ist der Tee für China eines der wichtigsten Exportgüter. Zunächst nur im asiatischen Raum und ab dem 17. Jahrhundert auch in Europa.
Im Jahr 1606 kommen die ersten Teekisten in Holland, im Hafen von Amsterdam an: es ist die erste offiziell verzeichnete Teeladung in einem Hafen der westlichen Welt. Die holländische Ostindien-Kompanie unterhält zu dieser Zeit regelmäßige Handelsbeziehungen nach dem Fernen Osten und behält trotz der Gründung der East India Company, seines britischen Konkurrenten, bis 1660 das Monopol im Teehandel. Thomas Garraway, Besitzer eines „Coffe house“ in London, bot ab 1657 Tee zum Ausschank an.
Auch wenn seine Verbreitung zunächst auf einige Hindernisse stößt – es wurde das Gerücht verbreitet, das Männer ihre Statur und Frauen ihre Schönheit verlieren würden – wird er doch schnell zu einem wichtigen Handelsgut. Er ist zunächst der Aristokratie vorbehalten, wird aber schnell von den Intellektuellen geschätzt, die in den „coffee houses“, die auch bald „tea houses“ genannt werden, ein und aus gehen.
Noch kurz vor seinem Tod belegt Oliver Cromwell den Tee mit einer hohen Steuer, was zu einer weit verbreiteten Schmuggleraktivitäten führt. Im 18. Jahrhundert sinkt der Teepreis wieder und der Tee wird für die Briten zum Nationalgetränk.
In Frankreich löst die Einführung des Tees im Jahr 1650 in medizinischen Kreisen heftige Diskussionen aus. Nichtsdestotrotz wird er zu einem sehr beliebten Getränk. In einem ihrer Briefe erwähnt die Marquise de Sévigné, dass eine gewisse Madame de la Sablière die erste ist, die ihren Tee mit Milch trinkt. Auch Racine ist Teeliebhaber, genauso wie der Kardinal Mazarin, der ihn gegen seine Gicht verwendet.
Tee erobert die Welt
Englische und holländische Emigranten führen den Tee in der Neuen Welt ein, wo er in der Geschichte der USA eine bedeutende Rolle spielen wird. Er ist mit hohen Steuern belegt und deswegen entscheiden sich die Siedler von Boston 1773 den Teeimport zu boykottieren. Am 16. Dezember werfen Sie die Ladung eines Teeklippers ins Hafenbecken: die „Boston Tea Party“ füht zu Repressalien gegen die Einwohner von Massachusetts und ist somit einer der Auslöser der Amerikanischen Unabhängigkeitskriege.
Der Tee ist auch Auslöser von weitaus friedfertigeren Auseinandersetzungen: die der „tea clipper“, leichte Segelboote, die für den Teetransport verwendet werden. Das enorme Wachstum des Teekonsums facht im 19. Jahrhundert den Wettbewerb zwischen den Reederein an, die auf den großen Schifffahrtsrouten wahre Wettrennen veranstalten.
Die Chinesen, damals die alleinigen Teeproduzenten, legen ihre eigenen Regeln fest: unerschwingliche Preise, begrenzter Zugang zum Hafen von Kanton, Verweigerung des Tauschhandels Tee gegen Textilien. Um dem entgegenzuwirken, entscheiden sich die Briten dazu, Opium nach China einzuführen und so eine Abhängigkeit und Bedingungen für einen Tauschhandel zu schaffen. Das führt zum Ersten Opiumkrieg, der 1842 mit der Annexion von Hongkong durch die Briten endet.
Schon im 19. Jahrhundert kann China die immer weiter wachsende Nachfrage nicht mehr abdecken und die Briten beginnen um 1830 damit, den Teeanbau auch in anderen Ländern zu entwickeln. So werden 1834 in Indien und 1857 auf Ceylon die ersten Teeplantagen angelegt. Diese haben zunächst experimentellen Charakter. Doch nachdem auf Ceylon 1869 die Kaffeeplantagen gänzlich von Parasiten zerstört werden wird der Tee dort zum Hauptanbauprodukt und größten Reichtum der Insel. Einige andere asiatische Länder werden ebenfalls wichtige Teeproduzenten, genauso wie die anglophonen Länder in Schwarzafrika, und, seit einiger Zeit auch die Île de la Réunion und Argentinien.
Heute ist Tee nach Wasser das wichtigste Getränk der Welt; es werden etwa 15 000 Tassen pro Sekunde davon getrunken.